Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

考究 (Kōkyū) – Ergründungen

Nach dem Frühstück im Grand Central begeben wir uns zu den City Chambers von Glasgow, um Hugh Cadden aufzusuchen. Wir das sind: Mare, Henry, Cyril, der Lord und ich. Carla fühlt sich nicht so gut und möchte den Tag lieber im Bett verbringen und Mary-Ann hat sich nicht davon abbringen lassen, im Krankenhaus auf eigene Faust Nachforschungen zu dem mysteriösen Virus anzustellen.

Die Stadt macht einen bedrückten und bedrückenden Eindruck. Der Himmel ist mit einer dichten, grauen Wolkendecke verhangen und ein Dauerniesel geht schon seit dem Morgen auf die Stadt nieder. Es sind kaum Menschen auf den Straßen. Viele Läden haben geschlossen und ihre Türen und Fenster verriegelt und verrammelt.

Wir erreichen die City Chambers. Freundliche Angestellte begrüßen uns. Der Lord übernimmt das Reden, doch es bedarf keiner großen Worte. Wir werden bereits von Mr. Gibbs, dem Assistenten des Privatsekretärs, erwartet. Der junge, rothaarige Mann führt uns zum Büro seines Vorgesetzten und kündigt ihm unsere Ankunft an.
„Ihr 10:00 Uhr-Termin ist da, Mr. Cadden.“

Mr. Cadden empfängt uns voller Dankbarkeit. Er berichtet von der Mordserie, welche die Stadt seit elf Monaten heimsucht. Das erste Opfer war ein Dockarbeiter. Man fand ihn zerrissen und ausgeweidet. Achtzig Opfer hatte es in den letzten elf Monaten schon gegeben, das letzte vorgestern Nacht, Lucy Siddens, eine junge Frau, die gemeinsam mit ihrem ungeborenen Kind ums Leben kam. Alle waren auf ähnlich bestialische Weise getötet worden. Immer fehlten den Leichen irgendwelche Körperteile, manchmal Gliedmaßen, meistens Organe. Die Wahl der Opfer scheint willkürlich. Männer und Frauen jeden Alters, sogar Kinder habe man so zugerichtet aufgefunden. Zudem sei es ebenfalls in diesem Zeitraum zu einem signifikanten Anstieg von vermissten Personen gekommen.

Seit der Nacht von Lucys Tod liegt zudem ein Geisterschiff im Hafen. Das Schiff erschien wie aus dem Nichts. Im Laderaum hat man an die 50 tote Menschen, vermeintlich irischer Herkunft, gefunden. Ob das mit den Serienmorden in Verbindung stehen könnte, darüber wagt er nicht zu spekulieren.

Mr. Cadden erteilt uns alle Befugnisse, um in dieser Angelegenheit zu ermitteln und nennt uns die Namen der Polizeibeamten, die für diese Fälle jeweils zuständig sind. Detective Constable McKeegan ist mit der Aufklärung der Morde befasst, Detective Constable Harris ist mit dem Fall des Geisterschiffes betraut.

Wir machen uns auf den Weg zum Polizeirevier und stehen kurze Zeit später vor Zimmer 266 in der Mordermittlungsabteilung, wo Mr. McKeegan sein Büro hat. Im Polizeirevier herrscht reges Treiben, aber niemand beachtet uns.

Der Detective empfängt uns. Er wirkt mitgenommen und übernächtigt. Die Polizei ist mit diesem Fall überfordert, gesteht er, und ist dankbar für jede Hilfe.

Mare löchert den Ermittler mit unzähligen Fragen. Die Morde verlaufen, wie auch Mr. Cadden schon angedeutet hat, nach keinem erkennbaren Muster. Es gibt Opfer aus allen Gesellschaftsschichten, jeglicher Herkunft, Geschlechts und Alters. Auch die Entnahme der Gliedmaßen und Organe ist rein zufällig und lässt keine Struktur erkennen.
Auf die Frage, wie die Mordopfer zu Tode kamen, erklärt Mr. McKeegan, dass wisse man nicht mit Sicherheit. Den Verletzungen der Opfer nach sind wohl scharfe Klingen oder Krallen zum Einsatz gekommen. Man hat auch Bissspuren gefunden, ähnlich denen von Wölfen oder großen Hunden, aber man tappe völlig im Dunkeln und hätte nicht den geringsten Anhaltspunkt auf den oder die Täter. Das letzte Opfer, Lucy Siddens, war Hausangestellte bei einem wohlhabenden Adligen, Sir Arkwright.

Im Büro nebenan, Zimmer 265, treffen wir Detective Constable Harris an. Er ist ein Mann fortgeschrittenen Alters, kurz vor der Pension womöglich, und wirkt müde und desinteressiert. Die Menschen an Bord des Schiffes wurden erstochen, meint er, und seien bereits seit zwei Wochen tot. Er vermutet einen misslungenen Menschenhandel.

Zum Mittagessen stoßen wir mit Mary-Ann und Beatrice zusammen. Beatrice berichtet uns, dass Sie in Erfahrung bringen konnte, dass ein gewisser Sir Arkwright bei einer Auktion zwei Pergamente erstanden haben soll, die womöglich uns gehören. Interessant, wie sich die Dinge so fügen.

Mary-Ann erzählt, dass sie Dr. Cullen kennengelernt hat, der diese Krankheit, inzwischen nahezu als Einzelstreiter, erforscht. Der Mann wirkte wortkarg und wollte nicht über seine Arbeit reden. Von ehemals 15 von Cullens Kollegen seien nur noch zwei am Leben, Dr. McLean und Dr. Kenneth. Die anderen hätten sich mit dem Virus infiziert und seien ihm erlegen. Mary-Anns Angebot, ihre Expertise als Pharmazeutikerin für die Forschung zur Verfügung zu stellen, hatte Dr. Cullen barsch abgelehnt. Er habe bereits einen Impfstoff entwickelt und er wolle die ganze Stadt impfen lassen. Mary-Ann hat sich in den Kopf gesetzt, uns eine Probe des Impfstoffes zu beschaffen.

Wir diskutieren noch weiter. Der Lord bringt das Thema der Serienmorde wieder auf den Tisch. Es werden Spekulationen angestellt, was dahinter stecken könnte. Wir sind uns einig, dass das nicht das Werk von Menschen sein kann. Das, was dafür verantwortlich ist, ist vermutlich nicht einmal von dieser Welt. Aber was ist es genau? Die Hunde von Tindalos vielleicht? Aber das wäre unlogisch. Die Hunde folgen Verunreinigungen im Astralraum, um das magische Gleichgewicht wieder herzustellen. Das würde bedeuten, dass hier bereits mächtige Magie am Wirken wäre. Was aber auch noch dagegen spricht: die Hunde sind dafür bekannt, schnell zu agieren und kurzen Prozess zu machen. Es entspricht nicht ihrem Wesen, elf Monate lang zu töten.
„Vielleicht waren es Ghoule“, wirft der Lord ein.
Ghoule… Viel weiß ich nicht über diese Geschöpfe, leider… Aber in mir beginnt eine Idee zu reifen.
„Wir könnten Pickman besuchen. Vielleicht weiß er etwas darüber oder er kann uns einen Rat geben“, schlage ich vor. Ich weiß nicht warum, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass es eine gute Idee wäre, wenn ich Pickman einen Besuch abstattete.

Unter meinen Freunden stößt diese Idee größtenteils auf Zustimmung. Das Blakeley-Bild, das uns zu Pickman bringen kann, wie auch das Henkelkreuz, das uns den Respekt der Ghoule in Pickmans Umfeld gewährt, befinden sich in sicherer Verwahrung auf Highclere Castle.

Doch nun stehen erst einmal ein paar andere Dinge auf dem Plan. Mary-Ann bricht zum Glasgow Royal Infirmary auf, um sich eine Impfstoff-Probe zu besorgen. Wir anderen wollen Sir Arkwright einen Besuch abstatten. Es gibt zweierlei Gründe, dem Mann etwas näher auf den Zahn zu fühlen.

Sir Arkwright bewohnt eine dreistöckige Villa, die auf einen gewissen Wohlstand schließen lässt. Die Tür wird uns von einer kleinen, untersetzten Frau geöffnet. Als wir uns als Sonderermittler in den Mordfällen zu erkennen geben, bittet sie uns ins Haus und lässt uns in einem Warteraum Platz nehmen. Nach einer Weile kommt sie zurück und führt uns in das Empfangszimmer, wo Sir Arkwright uns erwartet.

Vor uns sitzt ein alter, gebrechlicher Mann, mindestens neunzig Jahre alt, zu schwach, um noch auf eigenen Beinen zu stehen. Doch seine Augen wirken hell und klar, lebendig, nicht wie die eines todgeweihten Greises. Sir Arkward ist überrascht, als er erfährt, dass Lucy Siddens schwanger war. Er wusste davon nichts. Wir erbitten die Erlaubnis, Lucys Kammer durchsuchen zu dürfen, was Sir Arkwright uns gerne gewährt.

Die Magdkammer ist karg und einfach eingerichtet. Aus der Schublade des Nachtschränkchens holt der Lord einen kleinen Zettel hervor. „GRI, Hintertür, 5am“ steht dort. Die Haushälterin, die uns in das Zimmer begleitet hat, gesteht, dass sie es war, die Lucy diese Notiz unter der Tür hindurchgeschoben hatte. Lucy hatte ihr die Schwangerschaft gestanden und Dr. Cullen hatte eine Behandlung als Hilfe angeboten. Sie hatte zwischen den beiden vermittelt. Die gute Frau bricht während des Sprechens emotional zusammen. Unter Tränen beteuert sie, dass Lucy doch so ein gutes Mädchen gewesen sei, das einen so frühen Tod nicht verdient hätte. Wer der Vater des Kindes war, weiß sie leider auch nicht.

Bevor wir gehen, sprechen wir noch einmal mit Sir Arkwright. Der Lord lenkt das Gespräch auf die kürzlich bei einer Auktion erworbenen Pergamente. Er konfrontiert Sir Arkwright damit, dass er möglicherweise Diebesgut erworben habe. Sir Arkwright ist ehrlich entsetzt und erteilt uns bereitwillig Auskunft. Laut den Unterlagen des Auktionshauses war die Vorbesitzerin eine Dame mit dem Namen Evelyn Bancroft. Wer hätte das erwartet…
Sir Arkwright händigt dem Lord die Pergamente aus und dieser erkennt sie sofort als zwei der Schriftstücke aus dem Fundus aus Carlas Weinkeller. Gegen einen Pfand überlässt Sir Arkwright dem Lord die Artefakte. Scottland Yard in London soll ebenfalls über die neuesten Entwicklungen im Fall der verschwundenen Pergamente informiert werden.

Sir Arkwright verfügt über eine beachtliche Büchersammlung. Neben Werken zur Schifffahrt und zu Schiffbau finden sich auch einige okkulte Schriften in den Regalen, etwa über Astralprojektion, feinstoffliche Wahrnehmung und Séancen.
„Haben Sie das, was in diesen Büchern steht, jemals praktiziert oder beschränken Sie sich auf theoretische Studien?“, frage ich an Sir Arkward gewandt.
„Ich habe diese Bücher nur gelesen“, antwortet er, „haben Sie soetwas praktiziert?“
Ich zögere einen Moment, bevor ich antworte.
„Nicht so etwas“, sage ich schließlich, während ich ein Buch mit dem Titel „Kommunikation mit dem Jenseits“ zurück ins Regal stelle.

Am späten Nachmittag suchen wir die Clydeside Shipyards auf. Dort liegt das „Geisterschiff“. Wir wollen des Schiff untersuchen oder es wenigstens versuchen. Noch bevor wir an Bord gehen, schlägt uns ein Gestank entgegen, der mich selbst durch das Stofftuch, dass ich mir wohlweislich vors Gesicht gebunden habe, zu ersticken droht.

Henry, der Lord und ich nehmen Kurs auf die Kapitänskabine, finden dort aber nichts, das uns weiter bringt. Cyril steht interessiert vor dem verschlossenen Lagerraum.
„Soll ich dich begleiten?“, fragt Mare.
Cyril blick hilfesuchend zum Lord.
„Ich gehe lieber mit ihm“, mein Cyril.
„Das ist keine gute Idee, Mare kann besser kämpfen, als der Lord“, flüstere ich Cyril zu, worauf er sich entscheidet, Mares Angebot anzunehmen.

Mare und Cyril öffnen nun den Laderaum. Wir anderen drei begeben uns von Bord. Nach einer nicht allzu langen Weile kommen die beiden unverrichteter Dinge zu uns zurück. Beide sind etwas blass um die Nase. Mare wäscht sich ihren Stiefel im Hafenbecken ab.

Wir suchen nun den Hafenmeister auf, um mit ihm zu sprechen. Er war der erste, der das baufällige, illegale Schiff des Nachts auf den Hafen zutreiben sah und der erste, der den Laderaum geöffnet habe. Er habe Albträume seitdem und sehe Dinge, die nicht da seinen. Er habe einen Dockguard angestellt, Andrew Grant. Dieser berichtet uns, dass er des Nachts Schatten beobachtet habe, Kreaturen, halb Mensch, halb Hund, die um das Schiff herumschlichen. Heulende, bellende Geräusche sollen sie von sich gegeben haben. Immer mehr bestätigt sich die Idee, dass wir es hier mit Ghoulen zu tun haben. All diese Beschreibungen erinnern mich doch sehr an Pickman und seine Freunde.

Als wir am Abend zum Grand Central zurückkehren, erwartet uns eine Nachricht aus dem GRI. Mary-Ann steht unter dem Verdacht, sich mit dem Virus angesteckt zu haben und wurde unter Quarantäne gestellt. Sie darf das Krankenhaus nicht verlassen. Henry schreibt ihr einen Brief mit Genesungswünschen.

Nach dem Dinner verfalle ich in tiefe Schläfrigkeit. Heute ist viel los gewesen und ich war gut abgelenkt, aber nun spüre ich, wie erschöpft ich eigentlich bin. Mein Körper befindet sich noch immer im Heilungsprozess. Ich nehme noch einen Gin an der Bar, bevor ich mich zum Schlafen lege.